Bürgersteige, vorbeifahrende Autos, rechtwinklige Kreuzungen, Ampeln, Fassaden von Häusern mit hunderten von Fenstern: das ist die Stadt in der wir wohnen, aus der wir manchmal raus wollen, aber nicht für immer. Doch wo hin? Landluft gibt es hier und dort. Aber einen festen Platz, so schön und harmonisch, dass man ihn zu seinem persönlichen Zufluchtsort erklärt, findet man nur dort, wo alles zusammenkommt. Wo Kunst und Kultur mit friedlicher Natur, gutem Essem und einer Portion Waldeinsamkeit verbunden werden, kann man seinen Zufluchtsort errichten.
Da ist Rheinsberg, des Großen Friedrichs Residenz im Jugendalter, Fürstenberg, der Wasserstadt für Freunde von gutem Fisch und Bootssport, sowie Gransee, mit seiner bedeutungsvollen Geschichte und dem bekannten Tor. Doch wer neu in Zernikow ist, sollte nicht über das hinwegsehen, was das kleine Dorf zu bieten hat.
Kulturhistorisch interessant ist, dass Fredersdorffs Frau, Caroline, die Großmutter des Mitbegründers der Heidelberger Romantik, Achim von Arnim, war. Achim von Arnim verlebte hier einen Teil seiner Jugend und schrieb auf dem Gut seinen ersten Roman „Hollins Liebeleben“. Die von Arnims waren bis zum II. Weltkrieg Gutsherren von Zernikow, Wiepersdorf und Bärwalde. Einen bewegenden Einblick über die letzte Gutsherrschaft der Arnims in Zernikow gewährt uns Clara von Arnim in ihrem Buch „Der grüne Baum des Lebens“.
Gleich im Nachbardorf Menz liegt der Roofensee, gut mit Fahrrad über die Buchenallee (zum Polzow-Radweg gehörend) von Zernikow aus zu erreichen. Als prominentester Bekannter des Ruppiner Seenlandes liegt der „sagenumwobene“ Stechlinsee in etwa 10 km Entfernung von Zernikow. Sein Wasser ist so klar, dass man glaubt, wahrscheinlich nie wieder einen klareren See zu sehen. Wasser und Wälder gibt es reichlich. Ein paar Schritte vor die Tür und man findet sich wohlbehütet in einer menschenleeren Landschaft wieder, die so weitläufig ist, dass man ein Fontane sein müsste, um alles abzuwandern.
Es gibt sechs Alleen, von der die Maulbeerbaumallee die bedeutendste ist. Sie wurde zu Friedrichs Zeiten angepflanzt. Damals war sie nicht nur Allee, sondern ein ganzes Anbaugebiet für Maulbeerblätter, der Nahrung die Seidenraupen vorgesetzt bekommen. Von der Seidenraupenzucht ist nur die Maulbeerbaumallee geblieben. Eine Ausstellung im Inspektorenhaus auf dem Gutshaus lädt heutzutage zur Führung ein, etwas über den Weg der Seide von China nach Zernikow zu erfahren und darüber wie das Leben einer Seidenraupe so aussieht. In der Alten Brennerei auf dem Gutsgelände wurde eine Galerie eingerichtet, in der sich Künstler aus der Region mit stimmungsvollen Werken mal ästhetisch, mal bewusst unästhetisch, zur Schau stellen. An der Zernikower Dorfkirche steht heute noch das Fredersdorffsche Erbbegräbnis, mit einer Gedenktafel, die an die Großtaten der Caroline Marie Elisabeth von Labes, der Großmutter von Achim von Arnim, erinnert. Klein und beschaulich gibt sich das Dorf, das aber reich an Geschichte ist.